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Die Bezahlung beim Praktikum

Eine Praktikantenbefragung im Jahr 2014 ergab, dass für die Mehrzahl ein Praktikum in erster Linie als Qualifizierung angesehen wird und die Bezahlung eher zweitrangig ist. Die Praktikanten, die befragt wurden, verdienten im Durchschnitt 771 Euro monatlich während ihres Praktikums. Allerdings weisen die Angaben je nach Branche gravierende Unterschiede auf. Wer sein Praktikum zum Beispiel bei einem Wirtschaftsprüfer oder bei einem Anwalt absolviert, darf sich über 920 Euro im Monat freuen. Nicht viel weniger, nämlich durchschnittlich 889 Euro pro Monat, verdient ein Hospitant bei Banken und Versicherungen. Wesentlich schlechter sind die Praktikanten gestellt, die im Kultur- oder Sportbereich berufliche Erfahrungen sammeln. Sie kommen lediglich auf einen Durchschnittswert von monatlich 545 Euro. Im Medienbereich liegt die Bezahlung der Praktika bei 564 Euro. Wer sich für ein Praktikum im Sozial- und Gesundheitsbereich entscheidet, den erwartet eine noch schlechtere Vergütung.

Mindestlohn nicht für alle Praktika

Seit dem 1. Januar 2015 gilt für fast alle Arbeitnehmer in Deutschland der Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro pro Arbeitsstunde. Allerdings gelten noch bis zum 1. Januar 2018 zahlreiche branchenspezifische Ausnahmen. Für viele junge Menschen, die gerade ein Praktikum absolvieren oder demnächst antreten werden, stellt sich die Frage, ob das „Gesetz zur Stärkung der Tarifautonomie“ auch ihnen den Mindestlohn garantiert. Vom Mindestlohn ausgenommen sind alle Pflichtpraktika, die im Rahmen eines Studiums, einer Ausbildung und während der Schulzeit zu leisten sind. Ausgenommen von der Mindestlohnregelung sind ebenfalls die Praktika, die auf freiwilliger Basis begleitend zu einer Ausbildung oder einem Studium absolviert werden und nicht länger als drei Monate dauern. Hierbei gibt es allerdings Ausnahmen. Wenn das freiwillige, begleitende Praktikum auch nur einen Tag länger als drei Monate dauert, muss der Mindestlohn ab dem ersten Tag gezahlt werden. Auf diesen gesetzlich festgelegten Lohn haben außerdem alle Anspruch, wenn zuvor bereits begleitend zum Studium oder zur Ausbildung ein freiwilliges Praktikum mit dem Studenten beziehungsweise Auszubildenden bestanden hatte. Keine Anspruch auf die Zahlung eines Mindestlohns haben alle, denen ein Praktikum bis zu drei Monaten als Orientierungshilfe bei der zukünftigen Berufs- oder Studienwahl dient. Jugendliche unter 18 Jahren haben grundsätzlich kein Recht auf den Mindestlohn, wenn sie als Praktikanten keinen Schulabschluss vorweisen können. Wer ein duales Studium absolviert, bei dem naturgemäß ausbildungsintegrierte oder praxisintegrierte Studiengänge eingeschlossen und verpflichtend sind, hat ebenfalls keinen Anspruch auf die 8,50 pro Arbeitsstunde. Handelt es sich bei dem Praktikum um eine Einstiegsqualifizierung nach § 54 des Sozialgesetzbuchs, entfällt der Mindestlohn ebenfalls.

Bezahlung beim Praktikum

Bezahlung beim Praktikum ©iStockphoto/milla1974

Praktikanten mit Anspruch auf Mindestlohn

Wer sein Studium oder seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat und im Anschluss ein Praktikum absolviert, darf den gesetzlichen Mindestlohn beanspruchen. Diese Regelung trifft ebenso auf alle zu, die Praktika freiwillig und länger als drei Monate zur Orientierung bei der Studien- oder Berufswahl nutzen. Ein Praktikant, der den gesetzlichen Mindestlohn für sich reklamieren kann, hat auch das Recht auf einen schriftlichen Praktikumsvertrag. Darin werden die wesentlichen Vertragsbedingungen niedergeschrieben. Vor Aufnahme seiner Tätigkeit erhält der Praktikant ein unterschriebenes Exemplar des Vertrags. Neben Namen und Anschrift der Vertragsparteien zählt zum vorgeschriebenen Inhalt: Beginn und Dauer des Praktikums. Die Ausbildungsziele des Praktikums. Die tägliche Arbeitszeit und die Urlaubsregelung sowie die Höhe der Vergütung.

Bezahlung erst ab 18 Jahren

Viele werden sich fragen, warum erst ab dem Erwachsenenalter der Mindestlohn für ein Praktikum gezahlt wird. Damit soll verhindert werden, dass ein Jugendlicher zugunsten eines Praktikums auf eine Berufsausbildung verzichtet. Bei Zahlung eines Mindestlohns wäre die monatliche Vergütung höher als bei einer Lehre. Der Gesetzgeber will verhindern, dass Jugendliche nicht den kurzfristigen finanziellen Vorteil suchen, denn langfristig bietet eine abgeschlossene Berufsausbildung auf dem Arbeitsmarkt die bessere Perspektive als ein Praktikum.

Orientierung für die Berufswahl

Sinn eines Praktikums ist es nicht in erster Linie, Geld zu verdienen. Im Vordergrund stehen andere Aspekte. Ein Praktikum bietet die Möglichkeit, praktische Erfahrungen zu sammeln. Es besteht außerdem die Chance, während der Zeit berufliche Kontakte zu knüpfen, die später zu einem festen Arbeitsverhältnis führen können. Wer noch nicht genau weiß, in welche Richtung sein beruflicher Werdegang führen soll, der kann sich während eines Praktikums den notwendigen Einblick in einen bestimmten Bereich verschaffen. Auch wenn die genannten Punkte für die Mehrzahl der Praktikanten Motivation genug sind, ist es dennoch fair, wenn die Leistung eines Praktikanten entsprechend honoriert wird. Mit seiner Leistung trägt er letztendlich ebenfalls zum Erfolg des Unternehmens bei. Auf jeden Fall lohnt es sich für einen Praktikanten, sich die Dauer des Praktikums schriftlich geben zu lassen. Ein freiwilliges Vollzeitpraktikum bringt nach der neuen Gesetzeslage immerhin einen Bruttoverdienst von circa 1.500 Euro. Diese Höhe des Entgelts lässt sich jedoch nicht allgemein fixieren. Abweichungen sind bis zum 31. Dezember 2016 gestattet, falls diese in einem Tarifvertrag geregelt sind.

Angemessenes Entgelt auch ohne Mindestlohngesetz

Auch vor der Einführung des flächendeckenden Mindestlohns gab es für Praktikanten den Anspruch auf eine „angemessene“ Entlohnung. Wobei die Auslegung, was „angemessen“ ist, sehr unterschiedlich ausfallen kann. Grundsätzlich ist zu unterschieden, ob ein Praktikum der Vermittlung von Kenntnissen und der Aus- und Weiterbildung dient oder ob eine tatsächliche Arbeitsleistung erbracht wird. Wenn Letzteres der Fall ist, dann ist es nur fair, wenn das Unternehmen einen der Leistung angemessenen Arbeitslohn zahlt. Orientieren kann der Praktikant sich dabei an dem Lohn, den ein angestellter Kollege für die gleiche Tätigkeit erhält. Wobei das Entgelt für den Praktikanten nicht gleichzusetzen ist mit dem Lohn des erfahrenen Kollegen. In der Regel sollte der Lohn für den Praktikanten wenigstens zwei Drittel des Entgelts betragen, den die anderen Mitarbeiter der Firma erhalten.

Generation Praktikum

Ob die Generation Praktikum mit der Einführung des Mindestlohns Geschichte ist, wird erst die Zukunft zeigen. Ein Urteil des Arbeitsgerichts Bochum hat kürzlich einer Praktikantin mehr als 17.000 Euro für ihre unentgeltliche Arbeit in einem Supermarkt zugesprochen. Die junge Frau war von dem Supermarkt über Monate geködert worden, nach dem unbezahlten „Schnupperpraktikum“ einen Ausbildungsvertrag zu erhalten. Der Supermarkt verlängerte das Praktikum Monat um Monat. Schließlich klagte die Praktikantin vor dem Arbeitsgericht Bochum. Zu ihrem Vorteil war, dass sie über ihre Arbeitszeiten genauestens Buch geführt hatte. Nur dadurch war es möglich, die Klage einzureichen. Trotz dieses Urteils kann nicht pauschal von einem Missbrauch der Idee eines Praktikums gesprochen werden. Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung werden jährlich rund 600.000 Praktika angeboten, wobei rund 40 Prozent der Angebote ohne Bezahlung sind. Der Rest wird im Durchschnitt mit rund 550 Euro monatlich honoriert. Das ergibt einen Bruttolohn von 3,77 Euro pro Stunde und weicht somit erheblich vom gesetzlichen Mindestlohn ab.

Wegfall von Praktika

Durch die Einführung des flächendeckenden Mindestlohns fürchten viele Hochschulen den Wegfall von Praktika. Sie sind längst bei den meisten Studiengängen ein wesentlicher Teil des Studiums geworden. Die Studierenden haben Gelegenheit, frühzeitig den beruflichen Alltag kennenzulernen. Auch nach dem Studium gibt es Absolventen, die nicht ganz freiwillig zunächst mit einem Praktikum vorliebnehmen müssen. Die Spanne der Praktikumsvergütung reicht von 400 bis 1.200 Euro. Werkstudenten werden auch mal mit 1.500 Euro entlohnt, während Doktoranden sogar mit 2.000 Euro rechnen können. Ein im Studium fortgeschrittener Praktikant, der dazu noch Berufserfahrung aufweist, kann von einem Unternehmen vielfältiger eingesetzt werden. Desto höher fällt auch die Vergütung aus. Aber nicht nur die Qualifikation spielt bei der Entlohnung eine Rolle, auch die Dauer des Praktikums muss berücksichtig werden. Wer ein halbes oder ein ganzes Jahr in einem Unternehmen tätig ist, erbringt eine andere Wertsteigerung als ein Praktikant, der nur sechs Wochen in einer Firma arbeitet. Daraus lässt sich erkennen, wie schwierig es ist, eine Entlohnung zu nennen, die für beide Seiten zufriedenstellend ist.

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