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Der richtige Zeitpunkt für ein Praktikum

Was ist eigentlich der richtige Zeitpunkt für ein Praktikum? Praktika werden gerade für junge Menschen, die sich am Anfang ihrer Karriere befinden, immer wichtiger. Wer ein Praktikum absolviert, möchte sich beruflich orientieren, verschiedene Branchen kennenlernen, aber auch erkennen, wo die eigenen Stärken liegen. In einigen Berufsfeldern gelingt ein Einstieg generell nur über Praktika, in anderen sind sie gerne gesehen. Wichtig ist zu erkennen, wann ein Praktikum für die eigene berufliche Orientierung oder Weiterentwicklung sinnvoll ist und wann nur Arbeitgeber davon profitieren, weil Praktikanten preiswerte oder sogar kostenlose Arbeitskräfte sind.

Praktikum

Praktikum ©iStockphoto/Goodluz

Zeitpunkt für ein Praktikum

Vor einiger Zeit war der Begriff „Generation Praktikum“ in aller Munde. Das lässt erahnen, wie kontrovers das Thema heute diskutiert wird. Wer seine Karriere voran treiben möchte und vor allem verhindern will, ausgenutzt zu werden, sollte genau überlegen ob und wann Praktika sinnvoll sind. In der Zeit, in denen diese absolviert werden, besteht schließlich kein festes Arbeitsverhältnis – das könnte Personalchefs stutzig machen, wenn sie sich genauer mit dem Lebenslauf potenzieller neuer Mitarbeiter beschäftigen. Ein Praktikum kostet Zeit, wird nicht oder schlecht bezahlt und vorher lässt sich häufig schwer einschätzen, welchen Wert für dass berufliche Fortkommen ein Praktikum wirklich haben kann.

Warum Praktika immer wichtiger werden

Früher startete man sofort ins Berufsleben, sobald die Ausbildung oder das Studium erfolgreich beendet war. Berufserfahrung war nicht notwendig, um einen Job zu bekommen, die Karriere verlief nach dem Motto „Learning by Doing“. Das ist heute anders. In Zeiten, in denen branchenrelevante Erfahrungen, Insiderwissen und „Soft-Skills“ eine immer größere Bedeutung haben, reicht es nicht mehr aus, über Fachwissen zu verfügen.

Ein Praktikum kann mehrere Funktionen haben. Es dient zum einen als Orientierung, um herauszufinden, welche Tätigkeiten und Arbeitsplätze für die eigene Laufbahn infrage kommen. Dabei geht es darum, in das Berufsleben generell „hineinzuschnuppern“ und sich ein Bild von Aufgaben, Strukturen und Arbeitsprozessen in verschiedenen Branchen zu machen. Gleichzeitig möchte der Praktikant sich darüber klar werden, wo die eigenen Stärken, Interessen und Kompetenzen liegen. Hat man schon eine Ausbildung oder ein Studium absolviert, so kann ein Praktikum dabei helfen zu entschieden, ob und in welchem Bereich eine Spezialisierung sinnvoll sein kann. Dies ist besonders häufig der Fall, wenn ein sehr breit gefächerter Studiengang wie beispielsweise Betriebswirtschaftslehre absolviert wurde. Eine weitere Funktion eines Praktikums ist die Möglichkeit, über dieses an eine feste und dauerhafte Beschäftigung in einem Betrieb zu gelangen oder dort einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Besonders bekannte und renommierte Unternehmen nutzen diese risikofreie Möglichkeit, ihren potenziellen Azubis genau auf die Finger zu schauen und ihre Motivation und Leistungsfähigkeit zu überprüfen, bevor sie Ihnen einen Ausbildungsplatz anbieten.
Nicht zuletzt sind Praktika eine halbwegs passable Möglichkeit Lücken im Lebenslauf zu vermeiden, wenn die erwünschte Stelle nach Beendigung der Ausbildung oder des Studiums noch auf sich warten lässt.

Praktika für Schülerinnen und Schüler: heute fast obligatorisch

Um nicht komplett unvorbereitet in die Arbeitswelt entlassen zu werden, ist es heute üblich, dass bereits Schüler vor ihrem Abschluss Praktika in verschiedenen Unternehmen und Branchen absolvieren. Je nach Schulform sind ein bis drei Praktika zwischen der achten und der zwölften Jahrgangsstufe vorgesehen. Bedauernswert ist, dass an Gymnasien offenbar weniger Wert darauf gelegt wird, dass die Schüler Praxiserfahrungen sammeln und sich auf das Berufsleben vorbereiten. Dabei täte es gerade angehenden Studenten gut, sind in der Berufswelt umzusehen, bevor sie eine akademische Laufbahn einschlagen. Der Theorieanteil ist bei den meisten Studiengängen nach wie vor im Vergleich zur Möglichkeit, praktische Fertigkeiten und Kompetenzen zu erlangen, sehr hoch.

Problematisch bei Schülerpraktikanten ist, dass diese meist nur sehr wenig Zeit haben, sich Abläufe und Inhalte in den einzelnen Betrieben wirklich genau anzuschauen. Die meisten Praktika für Schüler dauern nur ein bis zwei Wochen. In diesem kurzen Zeitraum ist es den Praktikanten kaum möglich, sich wirklich ein Bild über einen Beruf oder über die Anforderungen an diesen zu machen.

Wer als Schüler wirklich Orientierung für seine Zukunft sucht, sollte daher Eigeninitiative zeigen und beispielweise die Sommerferien nutzen, um auf eigene Faust einen Praktikumsplatz zu finden. Ein weiterer Vorteil: Wer nicht nur kurze Pflichtpraktika absolviert, sondern darüber hinaus weitere Chancen nutzt, um Erfahrungen zu sammeln, wirkt zielstrebig und engagiert. Dies wissen auch Personalchefs und die meisten Arbeitgeber zu schätzen.

In sozialen Berufen nehmen Praktika einen besonders hohen Stellenwert ein, wobei man zwischen akademischen Berufen wie Lehrer und solchen mit einer nicht-akademischen Ausbildung (Erzieher, Pfleger usw.) unterscheiden sollte. Pädagogische Fachkräfte werden an Fachschulen ausgebildet. Das bedeutet, im Gegensatz zu den meisten anderen Auszubildenden verbringen sie die meisten Zeit ihrer Ausbildung nicht in einem Betrieb, sondern drücken die Schulbank. Dabei ist es gerade für soziale Berufe wichtig, dass Theorie und Praxis zu gleichen Teilen zur Ausbildung zählen. Daher absolvieren angehende Erzieher und Kinderpfleger während ihrer Ausbildung mehrere Praktika in verschiedenen sozialpädagogischen Einrichtungen. Dies hat zudem den Zweck, den Azubis eine Orientierung innerhalb der Branche zu ermöglichen. Erzieher haben sehr viele Perspektiven und Möglichkeiten, sie können mit Kindern zwischen 0 und 18 Jahren und in vielen unterschiedlichen Institutionen arbeiten. Da es ansonsten während der Ausbildung kaum Möglichkeiten zur Binnendifferenzierung gibt, sind Praktika die einzige Möglichkeit überhaupt ein Gespür dafür zu entwickeln, in welche Richtung der eigene berufliche Weg führen soll. Diese Praktika werden nicht bezahlt, weil sie Teil der Ausbildung sind.
Bei Lehrern sieht es leider anders aus. Sie absolvieren bis zum Beginn ihres Referendariats erschreckend wenig Praktika. Dies führt zu dem Misstand, dass viele angehende Lehrer kurz vor Ende ihrer Ausbildung noch nie vor einer Klasse unterrichtet haben. Ein Umstand, der Anlass zur Sorge gibt. Gerade Pädagogen sollten sich so oft wie möglich in der Praxis beweisen müssen um zu erkennen, ob sie den richtigen Beruf gewählt haben. Es ist zu hoffen, dass sich dahingehend in der nächsten Zeit noch einiges tut bzw. dass angehende Lehrer selbst dafür sorgen, in den Semesterferien Praxiserfahrungen an Schulen zu sammeln.

Praktika als Karrierechance in kreativen Berufen?

In kreativen Berufen ist es schwer Fuß zu fassen, wenn man keine Beziehungen hat. Erschwerend hinzu kommt die Tatsache, dass Kreativität an sich nicht gelernt werden kann. In Werbeagenturen beispielsweise sind daher Praktika die einzige Möglichkeit, Arbeitgeber davon zu überzeugen, wie hoch das eigene Potenzial ist. Wer diese Richtung einschlagen möchte, ist daher gut beraten so früh wie möglich Kontakte zu knüpfen, Arbeitsproben und Bewerbungen einzureichen. Wichtig ist, sich bei allem Engagement nicht ausnutzen zu lassen. Ein ganzes Jahr lang in Vollzeit unbezahlt zu schuften, steht in keinem Verhältnis zu der Hoffnung, dadurch in der Branche irgendwann Karriere machen zu können. Ein Praktikum kann durchaus auch Sinn machen, wenn es nicht bezahlt wird. Dann solltest es aber zeitlich ganz klar begrenzt und von Anfang an absehbar sein, dass sich nach dem Praktikum neue Möglichkeiten des beruflichen Weiterkommens ergeben.

Wann ein Praktikum wenig Sinn macht und der Karriere sogar schaden kann

Ein Praktikum sollte keinesfalls eine Dauerlösung sein. Das ist nicht nur Ausbeutung, sondern sieht im Lebenslauf auch schlecht aus. Davon abgesehen ist es frustrierend und demotivierend, wenn Menschen mit fertiger Berufsausbildung oder sogar mit einem Studienabschluss in einem Betrieb Hilfstätigkeiten ohne Bezahlung ausführen. Ein Praktikum ist nur dann sinnvoll, wenn die zugewiesenen Tätigkeiten dem eigenen Ausbildungsprofil entsprechen. Ansonsten ist es nämlich sinnvoller, sich einen bezahlten Nebenjob zu suchen. Diesen können Arbeitnehmer im Lebenslauf besser rechtfertigen als ein einjähriges Praktikum, dessen einziger Inhalt darin bestand zu kopieren oder Kaffee zu kochen. Wer ein Praktikum absolvieren möchte, sollte vorher genau die Konditionen und Aufgaben klären, die das Praktikum beinhaltet. Auch der Abschluss eines Praktikantenvertrages kann in vielen Fällen sinnvoll sein. So wissen Arbeitgeber wie auch der Praktikant, woran sie sind.
Wenn ein Praktikum nach drei Monaten nicht so läuft, dass der Praktikant neue Impulse erhält oder sich für ihn berufliche Perspektiven ergeben, so sollte lieber über eine berufliche Neuorientierung nachgedacht werden.

Fazit: Auf den richtigen Zeitpunkt für ein Praktikum kommt es an

Junge Menschen, die sich Orientierung darüber erhoffen, wo ihre Fähigkeiten und Interessen liegen, profitieren in erste Linie von Praktika. Wichtig ist, dabei Eigeninitiative, Lernbereitschaft und Engagement zu zeigen. Idealerweise sollte ein Praktikum mindestens vier Wochen dauern, damit der Praktikant wirklich einen Einblick in die jeweilige Branche erhält. Alternativ kann es auch Sinn machen, über einen längeren Zeitraum von ein bis zwei Jahren hinweg beispielweise nachmittags in einer Firma auszuhelfen oder sich bei einer Freiwilligenzentrale zu melden.

Wer bereits eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen hat, sollte genau abwägen, ob ein Praktikum wirklich Perspektiven bietet und sich nicht unter Wert verkaufen. Nichts ist frustrierender, als beruflich auf der Stelle zu treten. Daher muss sich ein Praktkum in dieser Lebensphase mittelfristig bezahlt machen. Ein Praktikumsvertrag kann Sicherheit bieten und vor allem die Entlohnung regeln. Auch wenn ein unbezahltes Praktikum nicht generell negativ ist, so sollten Aufwand und Lohn (auch in Form von beruflichen Perspektiven) in einem ausgeglichenen Verhältnis stehen.

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